Sommer 2004 - Madlen macht Praktikum in Ambazac

2004

Kinder-Ferienprogramm und Altenheim

Madlen, 15, berichtet: In diesen Sommerferien (2004) war ich für vier Wochen als Praktikantin in unserer Partnergemeinde Ambazac. Zwei Wochen als Betreuerin im Kinderferienprogramm, dann zwei Wochen im Alten- und Pflegeheim.

Los ging's am Samstagabend, 13. August, mit dem Flugzeug von Nürnberg nach Paris. Dort holte mich "Gastfamilie No. 1", mit dem Zug ab. Wir kannten uns schon vom Austausch mit dem Partnerschaftskreis her, sie haben eine Tochter mit 16 Jahren, das passte perfekt. Gleich am nächsten Mor­gen fuhren sie mit mir ins Futuroscope nach Poitiers, in ein Studiogelände voller IMAX-Kinos. Dann war es vorbei mit den Ferien, denn in den beiden Folgewochen habe ich von 9 - 17 Uhr im Rahmen des Kinderferienprogramms im Centre de'Animation mitgearbeitet. Dort können Eltern, die arbeiten müssen, ihre Kinder tagsüber abgeben. Die Kinder waren zwischen 4 und 10 Jahre alt, und meistens waren bis zu 25 Kinder anwesend.

Es gab ein ausgefülltes Programm, vormittags wurde z.B. ge­spielt, gemalt oder gebastelt, nachmittags gab es Ausflüge. Da waren wir z.B. mit den Kindern einmal in Limoges im Kino (Die Kühe sind los) oder in Guêret in einem riesigen Park mit Wölfen und danach in einem Labyrinth aus Büschen. Es war manchmal wirklich anstrengend, weil es so viele Kinder waren, und es gab immer irgendeinen, der etwas von mir wollte. Ich versuchte sie zu verstehen, was mir anfangs sprachlich sehr schwer fiel. Auch bei Gesprächen, wo ich zuzuhören versuchte, verstand ich in den ersten Tagen nur einzelne Worte. Sie haben zwar versucht, extra langsam zu sprechen, aber ich habe es trotzdem nicht immer verstanden. Wir haben dann versucht, uns mit Hilfe des Wörterbuchs zu ver­stän­digen, mit Englisch oder mit den Händen. Die Kinder haben dann begonnen, mir Sachen zu er­klären, indem sie darauf gezeigt oder es gemalt haben.

In der Mittagspause traf ich mich mit Simone, die zu der Zeit auch in Ambazac gearbeitet hat. Diese gemein­samen Mittagessen waren für mich sehr wichtig, weil ich mit Simone beim Essen endlich wieder Deutsch reden konnte - und ein bekanntes Gesicht gesehen habe.

Am nächsten Wochenende war ich mit meiner Gastfamilie in einem berühmten sehr alten Dorf, in Collonges-la-Rouge, erbaut aus rotem Buntsandsein, mit vielen verwinkelten Gassen und kleinen Souvenirläden. Danach ging es in den Gouffre de Padirac (Schlund von Padirac), eine Tropfstein­höhle mit einem Fluss, auf dem man 103 Meter unter der Erde Boot fahren kann.

Während meiner Zeit bei Gastfamilie No. 1 war auch deren Oma aus Portugal zu Besuch. Sie sprach nur portugiesisch, und wir hatten viel Spaß beim Gestikulieren.

Die zweite Hälfte meines Aufenthalts verbrachte ich bei Gast­familie No. 2, dem Direktor des Alten­heims, langjährigen Freunden von uns. Sie haben zwei kleine Söhne, der eine ist 15 Monate alt, der andere 11 Jahre. Mit dem älteren habe ich öfters abends gespielt; ich habe ihm Mühle beigebracht. Tagsüber habe ich in dem Altenheim in Muret gearbeitet, das gleich neben ihrem Haus liegt.

Am Anfang war es für mich schon etwas gewöhnungsbedürftig, ich hatte ja noch nicht viel mit einem Alten- und Pflegeheim zu tun gehabt. Im Eingangs­bereich sah ich gleich neben der Tür viele ältere Leute sitzen, einfach nur in die Gegend schauend und warten, dass etwas passiert. Aber es passiert nichts. Eine Frau fragte mich jedes Mal, wenn ich an ihr vorbei ging, ob ich sie zur Toilette bringen kann. Sie hat das jeden gefragt, der an ihr vorbei kam. Eine andere kam jede 5 Minuten an die Rezeption und fragte etwas. Ich antwortete ihr, sie sagte ja und ging. Aber nach 5 Minuten kam sie wieder und fragte das gleiche. Es gab aber glücklicherweise auch noch viele andere, die noch ganz wach sind.

Im Altenheim habe ich Monsieur Gilles geholfen, er macht die Animation, das heißt er sorgt für die Unterhaltung der Heimbewohner. Es gab einen Malkurs oder Gymnastik. Einmal waren wir mit 8 Personen in Ambazac auf dem Markt. Jede Woche kommt ein alter Herr, der Vater des Direktors, mit seinem Keyboard und singt mit den Heimbewohnern.

Mit einer älteren Dame, sie stammt aus dem Elsass, ging ich einmal für ein paar Stunden in den Park. Sie konnte noch etwas Deutsch sprechen. Sie wurde ganz fröhlich und hat mir ein paar deutsche Lie­der, Oh Tannenbaum und andere, vorgesungen. Ich habe sie in ihrem Rollstuhl geschoben, da sie nicht lange laufen konnte. Wir saßen dann in der Wiese und sie hat mir viel erzählt. Während wir im Park waren, ist sie richtig aufgeblüht. Sie kam mir plötzlich nicht mehr vor wie 83. Und als ich ihr dann noch geholfen habe, barfuss im Gras zu laufen, hat sie wie ein Kind gestrahlt. Es hat mich sehr be­rührt, wie diese alte Frau über etwas, was für mich selbstverständlich ist, so glücklich sein konnte.

In diesem Altenheim habe ich eine Deutsche kennen gelernt, die dort als Krankenschwester arbeitet. Sie hat mich für einen Abend zu sich und ihrer Familie eingeladen. Eine andere Frau aus der Klinik hat mich ein  Wochenende zu sich nach Limoges genommen. Es hat mich sehr erstaunt, wie mich Menschen, die mich vorher gar nicht kannten, einfach mit offenen Armen empfangen haben!

Für mich war es eine sehr schöne Zeit, mit vielen Erlebnissen und Begegnungen. Und vor allem das Essen! Es gab so viel zu essen, Vorspeise, Hauptgericht, Salat, Käse und zum Schluss noch ein Des­sert. Und das mittags und abends. Zum Frühstück habe ich oft Pain au chocolat, Schokoladenbröt­chen gegessen. Ich liebe diese Schokobrötchen, leider gibt es sie hier nicht in der Qualität.

Mein letztes Wochenende durfte ich in Paris verbringen, mit einer Kollegin aus dem Altenheim. Diese Stadt ist einfach traumhaft, ich kann es eigentlich fast nicht beschreiben. Ich staunte nur noch. Freitag­abend bummelten wir über den Mont­martre. Vorher mussten wir sehr viele Trep­pen hoch­stei­gen, aber es hat sich ge­lohnt. Von dort oben konnte ich auf ganz Paris hinunter­schauen. In der Ferne blinkte der Eiffel­turm, die ganze Stadt war ein Lichtermeer. Paris war ein toller Abschluss; und was mich auch sehr gefreut hat: am Ende konn­te ich mich viel leichter verständigen und habe auch viel verstanden - viel mehr als zu Beginn meines Aufenthalts!?

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